HIS LIFE|HIS WORK|HIS INSPIRATION|HIS FAMILY
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072 a / IRAN, chador condom coffeeshop – daily life & politics
Movies
MOV7443-IRN2008-AAC0003
Eyesharpener
Sony HVR-Z1E/Digi Beta
divicam/digibeta
Abjaneh, Yazd, Persepolis, Shiraz, Esfahan, Rasht
Iran
Farsi / English

IRAN / chador condom coffeeshop


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http://www.youtube.com/watch?v=f9qPcRsShfw

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http://www.youtube.com/watch?v=N_Ui88q-gy8

An interesting documentary by abstract filmmaker, Jürg Da Vaz, from Switzerland. He went to Iran and talked to ordinary people. People responded, and some of the dialogue is amazing.

Check out this video, “Chador, Condom, Coffeeshop,” which shows young
Iranians throughout the country talking candidly about anything from
politics to sexuality, religion and the economy.

Swiss abstract filmmaker Jurg Da Vaz traveled to Iran so that he
could capture voices from its culture in this documentary, as opposed to
its government. “We have found [someone] at every corner to talk to,”
Da Vaz wrote on his website. “The people approached us, all had a
message, a message from their lives. They had nothing against the fact
that I recorded the interviews, quite the opposite.”

Postkarte aus dem Iran
May 20, 2008 by Jürg Da Vaz
Wir haben an jeder Ecke Gesprächspartner gefunden. Die Menschen sind auf uns zugekommen, alle hatten eine Botschaft, eine Mitteilung aus ihrem Leben. Sie hatten nichts dagegen, dass ich die Interviews aufgenommen habe, ganz im Gegenteil.
In Shiraz war gerade Kamenei auf Tournee, es gab viel Sicherheitspolizei, aber nicht für uns. Man erkennt sie, obwohl sie keine Uniform tragen, an ihren gut sitzenden Anzügen, am Revolver, der unter dem Kittel hervorsteht oder am casual dress, aber vor allem daran, dass sie vor den Läden ostentativ zu zweit Auslagen begutachten, die kein Iraner auf diese Weise anschauen würde. Ich habe mich zweien an die Fersen geheftet, als sie es bemerkt haben, sind sie im nächsten Khebab Restaurant verschwunden.

Die grosse Mosche war in Shiraz für alle Ausländer gesperrt. Ein Wärter hat uns dann geraten, wir sollten uns als Muslime aus Bosnien ausgeben, was wir auch taten, Ursula hat das übliche Tuch umgelegt und wir konnten tatsächlich die Anlage mit der Kamera betreten! Wir sind dann nicht bis in die Mosche gegangen, aber die Anlage haben wir als einzige Ausländer besuchen können.

Wir haben auch Produktionsanlagen besichtigt, so in Yazd die Hennaherstellung, Arbeiter aus dem Grenzgebiet zu Pakistan und Afganistan arbeiten dort zu 100 Dollar pro Monat, 12 Stunden am Tag, 6 Tage in der Woche. Sie wohnen auf dem Gelände gratis, sie haben weder Krankheitstage noch Ferien. Sie arbeiten für ihre zukünftige Frau, für die sie 6000-7000 Dollar aufbringen müssen, d.h. 8 bis 9 Jahre Arbeit, bis es für die Hochzeit reicht: 1 Kilo Gold, Schmuck für die Zukünftige und das ganze Drum und Dran für die Hochzeit und das Hochzeitsfest.

Iran ist nicht die Sovietunion, wenn das Regime auch viele Anzeichen einer sozialistisch geführten Staatswirtschaft aufweist. Der Sicherheitsapparat soll 20 Mio.Menschen auf der Gehaltsliste haben, 5 Mio. davon Frauen. Der Sicherheitsapparat durchdringt die Familien aber nicht, auch nicht die Clans, er schützt jedoch die herrschende Schicht der Mullahs effektiv gegen das Volk und schafft sich seine Lohn- und Stimmbürger. Ein sicheres Einkommen beim Staat garantiert dem Regime meistens die Stimmen aller Familienmitglieder. Das übrige Volk enthält sich bei den Wahlen der Stimme, da die moderaten Vertreter vom radikalen Klerus aus dem Parlament entfernt wurden, was von vielen Menschen auf der Strasse beklagt wird.

Die international verhängten Sanktionen entfalten eine grosse Wirkung. Was wirtschaftlich vorgeht, macht den Eindruck eines gallopierenden Kollapses, der nach Aussen seine marschierenden Kolonnen im Libanon und im Gaza als Ventil hat. Die Hizbullah wird in der Bevölkerung als Khomeini-Truppe bezeichnet, Fremdenlegionäre des Iran.

Landauf landab habe ich immer wieder eine grosse Anzahl alter, leer stehender, aber auch neu begonnerer Industrieanlagen festgestellt, die halb fertig in der Landschaft stehen. Staatliche Gehälter für die Lehrer wurden in den letzten Monaten nicht ausbezahlt und erst jetzt auf die Wahlen und Ersatzwahlen hin wurden sie teilweise ausgerichtet, wie mir Lehrer auf der Strasse in Yasuj berichteten.
Die Mullahs haben in der Figur des Präsidenten Mahmoud Ahmadinedjad einen geeigneten Prügelknaben von ihren Gnaden eingesetzt, der die Unzufriedenheit wegen der religiösen Repression über die wirtschaftlichen Probleme abfängt und bei zunehmendem Abseitsstehen der Bevölkerung mit einem moderaten Politiker ersetzt werden kann, ohne dass der eingeschlagene Kurs der radikalen Kleriker um Kamenei von ihnen geändert werden muss. Unser Fahrer hat immer, wenn er am Strassenrand eine Kuh erblickt hat, einen Vergleich mit Ahmadineschad gemacht. Die Arbeitslosigkeit beträgt bestimmt 30%, ohne die weibliche Arbeitslosigkeit mitzuzählen. Die spürbare Unzufriedenheit in der Bevölkerung wird aber durch die Atompolitik aufgefangen, sie bringt die meisten Menschen wieder auf die Reihe, auch die, welche mit dem Regime nicht übereinstimmen und tut so das Übrige, über den Patriotismus, der alle Schichten ergreift, das prekäre nationale Selbstbewusstsein dieses Vielvölkerstaates, in dem die Perser etwa 50% ausmachen, zu stützen und zu festigen. Sie wird denn auch von der grossen Mehrheit mitgetragen. Eine Opposition zur friedlichen oder militärischen Atompolitik habe ich in keinem Gespräch feststellen können und ist meiner Meinung nach nicht in Sicht. Die grosse Atomanlage bei Esfahan mit den 8 Atommeilern, die ich auf der Durchfahrt gesehen habe und die noch nicht produzieren, sind ein kleiner Teil der immensen Anstrengungen der iranischen Regierung, den Grossmachtstatus im arabischen Raum zu bewerkstelligen. Im gesamten Gebiet zwischen Nantanz und Esfahan ist eine verstärkte militärische Präsenz feststellbar mit zahllosen Luftabwehr Anlagen auf ebenso unzähligen Hügeln. Der Fahrer hat mich gebeten, in dieser Gegend nicht zu filmen.
Als Anekdote zur Atomgeschichte folgende Begebenheit: Bei unserer Ankunft in Teheran, d.h. beim Verlassen des Flugzeugs hat uns ein Iraner auf perfekt deutsch angesprochen. Auf Ursula’s Frage nach seiner Arbeit antwortete er mit “sensitiv”. Auf weitere bohrende Fragen meinte er, er sei im Atomgeschäft tätig und tatsächlich hat er neben den französischen, den deutschen auch sämtliche schweizerischen Atomanlagen mit Namen und Standort aufgezählt, er hat die unseren besser gekannt als wir! Er reise überall auf der Welt, in Pakistan, in Indien, überall, wo Atomares im Spiel sei. Wir standen im Flugzeuggang und warteten, bis die Flugzeugtür geöffnet wurde. Auf eine weitere Frage nach der Opposition im Land meinte er, die Mullahs würden diese auf privater Ebene als Ventil durchaus zulassen. Jedoch würde die Geheimpolizei sofort und schonungslos eingreiffen, Individuen würden sofort “ausgeschaltet”, wenn sie diese in die Öffentlichkeit tragen würden. Das Regime sei massiv etabliert.

Ich habe in verschiedenen Städten eine eindeutige Abkehr bei Frauen von den strengen Kleidungsvorschriften festgestellt. Der Islam als solcher ist aber gerade auch bei Frauen eindeutig verankert und wird durch die Erziehung der Kinder weitergepflegt. Laut verschiedener Gesprächspartner sind von 75 Mio. Iranern 50 Mio. Islam gläubig und den moderaten Politikern um Katami und Rafsandschani zuzurechen, die zur Zeit vom radikalen Kern politisch entmachtet sind, ca 10-15 Mio. sollen streng gläubig sein und 5 Mio. verkörpern den radikalen Mullah-Kern um Khomeini/Kamenei, der die Innen- und Aussenpolitik bestimmt und aus religiöser Sicht das Verhalten und die Bewegungsfreiheit der Menschen bestimmt.

Das Verhalten im Verkehr ist Aufschluss reich: Autos werfen sich sprichwörtlich vor die Lastwagen, Motorräder vor die Autos, Autos vor die Autos, Fussgänger mit ihren Körpern in den Verkehr. Zuerst bekommt man den Eindruck, auf der Strasse sei der einzige Ausdruck freier Bewegung zu finden, aber dem ist nicht so. Vielmehr ist jeder einem Ziel hinterher, wer Ziel gerichteter ist,erkämpft sich den Vortritt. Die übrigen weichen aus, geben nach, bis sie ihr Ziel zum Durchbruch bringen. Es gibt unverhältnismässig wenig Unfälle.

Etwa 5000km waren wir unterwegs. Die Reiseroute und die Hotels waren, nachdem ich sie in der Schweiz gewählt hatte, fix vorgegeben. So jedenfalls wurde uns immer wieder mitgeteilt. Aber gerade diese haben wir am Schluss abgeändert. Anstatt von Esfahan nach Teheran zurückzukehren, haben wir den Aufenthalt in Esfahan abgekürzt, einen anderen Fahrer genommen und sind über Karaj, Qazvin, Rudbar nach Rasht, Fuman bis ins Bergdorf Masuleh gefahren, haben dort privat übernachtet und sind dann weiter über Lahijan, Ramsar nach Now Shar entlang dem Kaspischen Meer gereist. Ich möchte dabei vor allem das Bergdorf Masuleh erwähnen, Fuman mit seinem kleinstädtischen Charme und die umliegenden Dörfer: Reisanbaugebiete in die Flussläufe gelegt. Nicht zu vergessen Lahijan und sein Teeanbau. Ohne Probleme sind wir vorwärts gekommen, von Kontrolle war nichts zu spüren und der Fahrer war überhaupt nicht beeindruckt, dass wir keine Erlaubnis hatten, er meinte, das könne er ansonsten mit 10 Dollar erledigen.

Meer zieht mich immer an, das Kaspische auch, denn die Vegetation ist so ganz anders als im Zentraliran. Hier wird Reis und Tee angebaut, es gibt Wasser im Überfluss. Die Küste ist aber schlecht gepflegt. Die Menschen sagen, aller Dreck komme aus Russland herüber… . Auch wird die Küste gänzlich zugebaut, in Erwartung der Menschen aus Teheran, die, wenn die neue Autobahn von den Chinesen fertigbaut ist - Inshalla - in einer Stunde von Teheran ans Kaspische Meer wollen. Auch bei diesem monumentalen Bauwerk habe ich den Eindruck bekommen, dass die Bauarbeiten nicht mit voller Kraft vorangehen, sie dauern 9 Jahre an.

Die Chinesen sind auch im Iran im Strassen- und Eisenbahnbau (Esfahan-Shiraz) stark engagiert. Sie realisieren heute im Strassen- und Eisenbahnbau das, was vor 2000 Jahren die Römer in in die Landschaften wegloser Länder gelegt haben: Verbindungswege. Im a allgemeinen Volksmund wird China aber als ein “Unterland” betrachtet, alle Produkte, die Mängel aufweisen, kommen nach Aussagen von Menschen auf der Strasse aus China. Es macht den Anschein, dass die Regierung Öl gegen Bautrupps und Billigprodukte für die tiefen Einkommen der iranischen Bevölkerung einhandelt.

Ich habe alle Gesprächspartner Frauen wie Männer nicht nur auf sexuelle Kontaktaufnahme, Kondome und Ausbildung angesprochen, sondern auch auf ihr Monatseinkommen. Die tiefsten lagen bei 100 Dollar, das obere Drittel bei 400 Dollar. Es gab auch Ausnahmen, so ein Angestellter bei der Atombehörde in Esfahan, der 1600 Dollar verdient hat, aber keine Bewegungsfreihet besass, Auslandreisen sind für ihn ausgeschlossen, Inlandreisen nur mit ausdrücklicher Genehmigung und täglicher Meldepflicht. Staatsangestellte kommen in den Genuss von teilweise beträchtlichen fringe-benefits wie Billigwohnungen.

Der Andrang an die Universitäten scheint gross zu sein. Als Studiengänge werden MBA, aber auch Sprachen, Psychologie, moderne Kunst genannt. Auf die Frage nach der späteren Tätigkeit zucken die Studenten mit den Schultern, offene Stellen gäbe es wenige.

Iran ist unermesslich begütert an Bodenschätzen. Ein wichtiger Teil der wirtschaftlichen Aktivität scheint sich aber vor allem um die Atomwirtschaft zu konzentrieren. Es gibt immer wieder Benzinknappheit.

Die Reise gleich nach unserer Ankunft in den Zentraliran über Qom, Kashan nach Abyaneh, in der Nähe von Natanz, dann weiter nach Narin und Yazd und von dort nach Shiraz, Yasuj, Gandoman, Borujen bis Esfahan hat uns Wüsten, riesige Gebirgszüge und enorme Mondlandschaften eröffnet. Iran hat gigantische Landschaften. Was wir aber am Ende unserer Reise auf der Fahrt vom Kaspischen Meer nach Teheran gesehen und erlebt haben, kann ich mit gigantisch, monumental, überriesig nur sehr unzureichend umschreiben. Ich könnte auch sagen, dass der Iran sich schon nur infolge seiner Landmasse nicht als Motivation für Bescheidenheit eignet.
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